Mit dem Versorgungsausgleich sollen Eheleute bzw. Lebenspartner gegenseitig von den Rentenanwartschaften profitieren, die der (Ex-)Partner während der Ehe erworben hat – auch wenn die Ehe geschieden wird. Wer mehr Rente bezieht bzw. beziehen wird, muss den Mehrbetrag mit dem Ex-Partner teilen. Nacheheliche Solidarität nennt sich das.
Stellt sich aber die Frage: Wenn die Ehe nicht „nur“ in die Brüche gegangen ist, sondern z. B. massive Gewalt in der Ehe der Grund für die Scheidung war: Besteht auch dann auf jeden Fall die Pflicht, Versorgungsausgleich zu zahlen? Oder ist es dann „grob unbillig“ – also absolut ungerecht –, wenn z. B. der gewalttätige Ehegatte von seinem „Opfer“ auch noch Anteile an der Rente verlangen kann?
Mit einem solchen Fall befasste sich im April 2017 das OLG Oldenburg (3 UF 17/ 17) und kommt zu dem Ergebnis: Massive Gewalt in der Ehe kann ein Grund sein, den Versorgungsausgleich als „grob unbillig“ auszuschließen. Und Gewalt ist dabei nicht der einzige Grund, der den Versorgungsausgleich „grob unbillig“ machen kann.
Lassen sich Ehepaare oder Lebenspartner scheiden, sorgt der Versorgungsausgleich dafür, dass Partner mit sehr unterschiedlich hohen Rentenansprüchen von der höheren Rente des Partners profitieren. Gerade wenn ein Partner in der Ehe oder Lebenspartnerschaft beruflich zurückgesteckt hat und deswegen relativ geringe Rentenansprüche hat, ist der Versorgungsausgleich eine gerechte Sache. Denn der Partner mit höheren Rentenansprüchen muss dem anderen Partner die Hälfte der Differenz zwischen den Rentenansprüchen als Versorgungsausgleich nach der Scheidung zukommen lassen.
Die Entscheidung über den Versorgungsausgleich trifft das Familiengericht automatisch im Scheidungsverfahren, falls er nicht mit einem Ehevertrag ausgeschlossen wurde.
Das OLG Oldenburg hatte einen Fall zu entscheiden, in dem eine Ehefrau dem Ehemann keinen Versorgungsausgleich zahlen wollte, weil sie den Versorgungsausgleich für „grob unbillig“ hielt. Aus nachvollziehbaren Gründen: Der Mann hatte seine Frau in der Ehe wiederholt körperlich misshandelt und war dafür bereits zu Bewährungsstrafen verurteilt worden, u. a. wegen schwerer Körperverletzung.
Ein Vorfall war letztlich aber der Auslöser für die Scheidung: Der Mann warf mit einem Blumentopf nach seiner Frau. Er traf sie am Kopf, sodass ihr das Trommelfell riss. Nur weil der Sohn der beiden eingriff, kam es nicht zu Schlimmerem. Genug für die Frau, um die Scheidung einzureichen und ihm nicht mehr „zu verzeihen“.
Dass die Ehefrau ihrem Mann bei der Scheidung keinen Versorgungsausgleich zahlen wollte, ist nachvollziehbar. Und auch das Gericht kam zu dem Schluss, dass wiederholte, massive Gewalt gegen einen Ehepartner oder Lebenspartner „grob unbillig“ im Sinne des Gesetzes ist. Gewalt in der Ehe kann also nach § 27 VersAusglG ein Grund sein, Zahlungsansprüche aus dem Versorgungsausgleich abzulehnen.
Für das OLG war es dabei unerheblich, dass die Frau ihrem Ehemann seine Gewaltausbrüche immer wieder verzieh. Das hatte das Familiengericht in der ersten Instanz noch anders gesehen.
Es kann durchaus Gründe geben, die Ansprüche aus dem Versorgungsausgleich grob unbillig machen. Und dabei ist Gewalt in der Ehe bei Weitem nicht der einzige Grund dafür, dass der Versorgungsausgleich grob unbillig ist.
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