Die Ehe war arrangiert, das Ehepaar lebte nie zusammen: Gibt es trotzdem Trennungsunterhalt? Ja, gibt es. Denn "modifizierte Ehen" mit verminderten Ansprüchen gibt es nicht – so urteilte das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main und sprach der getrenntlebenden Ehefrau Trennungsunterhalt zu (Beschluss vom 12.07.2019, Az.: 4 UF 123/19), obwohl sie nie mit ihrem Mann zusammengelebt hatte.
Im Fall vor dem OLG ging es um einen streitigen Anspruch auf Trennungsunterhalt in einer arrangierten Ehe, in dem das Paar vor der Trennung tatsächlich nie zusammengelebt hatte.
Er war Wertpapierhändler in Paris, sie Bankangestellte in Frankfurt. Die Ehe selbst war von den indisch-stämmigen Eltern des Paares arrangiert. Man besuchte sich gegenseitig an den Wochenenden, sexuellen Kontakt gab es keinen. Außerdem lebten beide jeweils von ihren eigenen Einkünften. Ein gemeinsames Konto existierte während der gesamten Beziehung nicht.
Nach eineinhalb Jahren Ehe trennte sich das Paar. Da der Ehemann während der Ehezeit nahezu 100 % mehr als seine Ehefrau verdiente, verlangte die Ehefrau nach der Trennung Trennungsunterhalt. Den wollte der Mann jedoch nicht bezahlen. Er argumentierte, dass die Ehe arrangiert war und es nie eine eheliche Lebensgemeinschaft gab. Eine "richtige" Ehe hatte es nach seiner Auffassung nie gegeben. Deshalb könne seine Ehefrau auch keinen Trennungsunterhalt verlangen.
Das OLG sah das anders und entschied zugunsten der Ehefrau. Denn – so die Richter: Der Anspruch auf Trennungsunterhalt setze weder voraus, dass die Eheleute vor der Trennung zusammenleben. Noch sei Voraussetzung für den Unterhaltsanspruch, dass es zu einer Verwirklichung der Lebensgemeinschaft kam. Kurz gesagt: Eine gemeinsame Wohnung und sexueller Kontakt zwischen Eheleuten ist keine Voraussetzung für einen Anspruch auf Trennungsunterhalt.
Trennungsunterhalt setzt nur voraus, dass sich die Eheleute trennen, eine "Verflechtung der wechselseitigen Lebenspositionen" ist keine Anspruchsvoraussetzung. Ob die Ehe arrangiert ist, spielt dabei ebenfalls keine Rolle. Nach Ansicht des Gerichts gibt es in Deutschland schlichtweg keine Ehe mit modifizierten oder verminderten Rechten.
Eine finanzielle Verflechtung der Eheleute ist für den Anspruch auf Trennungsunterhalt ebenfalls nicht notwendig: Allein die Tatsache, dass jeder während der Ehe von dem eigenen Geld lebte und sich die Einkommen der beiden Eheleute nie miteinander vermischten, reichte nach Ansicht der Richter daher nicht aus, um den Unterhaltsanspruch abzulehnen. Das OLG betonte dabei sogar, dass man es der Ehefrau nicht entgegenhalten kann, dass sie bis zu dem Zeitpunkt der Trennung ohne das zusätzliche Geld des Ehemannes auskam.
In seiner Begründung erklärte das OLG außerdem, dass das Verhalten der Eheleute während der Ehezeit den Unterhaltsanspruch nicht für die Zukunft einschränkt.
Das ergibt sich nach Ansicht des Gerichts daraus, dass es den Eheleuten grundsätzlich bereits nach dem Gesetz verwehrt ist, Trennungsunterhalt z. B. im Ehevertrag zu beschränken. Ein bloßes Verhalten kann demnach diesen Anspruch ebenfalls nicht zunichtemachen.
Ausnahmen von diesem Grundsatz gibt es allerdings – denkbar ist dann jedoch nur eine Verwirkung des Anspruchs auf Trennungsunterhalt. Eine solche Verwirkung tritt aber nur ein, wenn z. B. eine extrem kurze Ehe bestand. Eine Ehe von eineinhalb Jahren ist allerdings nicht kurz genug, um von einer Verwirkung auszugehen.
Ehe ist Ehe, jedenfalls wenn es um Trennungsunterhalt geht. Denn nahezu nach jeder Trennung von Ehepartnern besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Trennungsunterhalt. Wie das Ehepaar lebte – zusammen oder getrennt – und was das Ehepaar in der Ehezeit teilte, ist grundsätzlich zweitrangig.
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